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Geschichte zu einem Bildimpuls

httpsuni-24.deromantik-epoche-merkmale-und-literatur

Quelle:  https://uni-24.de/romantik-epoche-merkmale-und-literatur/

 

Die frische Brise zerrt an meinen Haaren, aber das ist mir egal. Ich ziehe die salzige, frische Luft tief in meine Lungen und genieße den feuchten Sand, der meine Zehen umgibt. Endlich bin ich wieder da, wo ich hingehöre… Die dunklen Wolken am Horizont kommen schnell näher, es fallen die ersten Regentropfen. Ich ziehe die Kapuze über und schlendere gedankenverloren am Strand entlang.

Der Ort, an dem alles begann und doch zugleich endete.

Es war der 15. Juli vor 5 Jahren.

Wir standen hier, Hand in Hand schworen wir uns ewige Liebe.

Es sollte der Höhepunkt unseres Lebens sein. Nach 10 Jahren grenzenloser Liebe mit mehr Aufs als Abs.

 

Damals im Hörsaal der Universität trafen sich unsere Augen. Dieses Lächeln und der Schwung, mit dem er seine Haare aus seinem Gesicht warf. Er fiel mir beim Betreten des Hörsaals sofort ins Auge. Ich wusste, dass er der Richtige war. Während der gesamten Vorlesung war ich nur auf ihn fokussiert. Er saß mit dem Rücken zu mir, wodurch ich dann leider nicht mehr sein Gesicht sehen konnte. Doch seine Art, dem Professor zu lauschen, und wie konzentriert er sich Notizen machte, beeindruckte mich. Ich war durch meine Schwärmereien so sehr abgelenkt, dass ich gar nicht mitbekam, dass die Vorlesung zu Ende war. Erst als er aufstand und seinen Rucksack auf den Rücken schwang, wurde ich aus meinen Vorstellungen gerissen. Er kam die lange Treppe hinauf in Richtung Ausgang. Direkt auf mich zu. Er sah aus wie ein Ritter, der anmutig voranschritt. Ich spürte wie mein Herz schneller schlug und meine Körpertemperatur anstieg. Ich hätte ihn am liebsten angesprochen, doch traute ich mich nicht. Doch er tat es: „Hey!“ Dieses „Hey“ brachte mich so sehr aus der Fassung, dass ich zuerst gar nicht antworten konnte. Nach einigen Sekunden kam das Wort zurück.

Diese Unterhaltung war unvergesslich, obwohl unsere Gesprächsthemen eher langweilig waren: die Vorlesungen, das Studentenleben und weitere Smalltalk-Themen. Doch eher das Ende unserer Unterhaltung war entscheidend. Er lud mich auf einen Kaffee ein, in ein wunderbares Café direkt am Strand. An diesem Ort fing unser „Wir“ an.

 

Unsere Beziehung war vollkommen. Es fehlte uns an nichts: Liebe, Geborgenheit, Freude - wir legten uns sogar eine gemeinsame, kleine Wohnung zu.

Und genau an diesem Ort, an dem wir das erste Mal Zeit miteinander verbrachten, sollte 10 Jahre später einer unserer schönsten Tage stattfinden. Unser Hochzeitstag. Dieser Ort hat uns jedes Jahr während unserer Beziehung begleitet, deshalb sollte auch genau hier dieser Moment festgehalten werden.

 

Es war alles bereit. Schlicht, aber voller Eleganz. Der Strand vor dem Café bietet einen unglaublichen Blick auf das Meer. Das Rauschen, wenn die Wellen an den Felsen aufschlagen, höre ich heute noch. Es bedeutete Gefahr, welche der Sprung ins Ungewisse mit sich bringt, aber zugleich bringt die Gleichmäßigkeit des Rauschens die Sicherheit mit sich, einen solch wunderbaren Partner an seiner Seite zu haben.

Unsere Zeremonie fand am Abend statt. Der Sonnenuntergang färbte den Himmel zunehmend rot. Nun stand ich dort in meinem weißen Kleid, bedeckt mit einem Schleier und einem Blumenstrauß mit seinen Lieblingsblumen in der Hand. Nur einige Meter von meinem zukünftigen Mann entfernt. Die Musik begann zu spielen. Ich schritt den Weg in Richtung Strand entlang. Ich sah ihm die Freude und Ungeduld förmlich an. Sein Lächeln war das gleiche wie das bei unserem ersten Treffen. Er strahlte immer noch dieselbe Eleganz aus.

Es war so weit. Der Pfarrer hielt eine rührende Rede und betonte viele Lebensabschnitte, die wir schon gemeinsam beschritten hatten. Dabei sahen wir uns durchgehend tief in die Augen und konnten unser Glück kaum glauben.

 

Doch plötzlich änderte sich seine Miene. Es war eine Leere in seinen Augen, als sähe er durch mich hindurch. Der Druck unseres Händchenhaltens ließ nach. Seine Hände fühlten sich schwach und zunehmend kalt an. Und während ich eine Antwort in seinem Gesicht suchte, brach er vor mir zusammen. Dieser Moment ging so schnell. Ich wusste nicht, was zu tun war. Was war mit ihm? Wie konnte ich ihm helfen? Sein erschöpfter Körper sank in meinen Armen nieder. Er war bewusstlos, das Gesicht ganz fahl. Die Gäste stürmten beunruhigt herbei. Ich hörte verzweifelte Schreie, die um Hilfe riefen und befahlen, den Notarzt zu rufen. Während Freunde und Familie sich bemühten, ihm zu helfen, hielt ich ihn nur fassungslos und in meinen Armen fest.

Der Notarzt kam, lud ihn auf die Liege und fuhr mit lauten Sirenen davon. Dies geschah alles in Eile, ich ging vom Schlimmsten aus. Erst als ich auf dem Weg ins Krankenhaus war, kam ich wieder zu Verstand. Ich realisierte die letzten 30 Minuten. Doch dies machte nichts besser.

Meine Nervosität, Angst und Sorge stiegen nur noch mehr an. Im Krankenhaus angekommen, erwartete der Arzt mich schon. Doch meine Hoffnung auf eine positive Nachricht verblasste, als ich den Gesichtsausdruck des behandelnden Arztes sah. „Es tut mir leid. Wir konnten nichts mehr für ihn tun. Das Blutgerinnsel war schon zu groß. Jede Hilfe kam zu spät.“

 

Diese Worte ertönen auch heute noch immer und immer wieder in meinem Kopf, wenn ich am Strand entlanggehe. Fünf Jahre brauchte ich, um an diesen Ort zurückzukehren, der mich heute in einem Zustand zwischen Freude und Trauer mein Leben weiterleben lässt.

 

 (Schülerin des Jg. 12)